Harnsteine
Autor: In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Thomas Knoll
Harnsteine
- Harnsteine
- Das sollten Sie wissen
- Was genau sind Harnsteine?
- Wie entstehen Harnsteine?
- Wie äußert sich das Harnsteinleiden?
- Untersuchung zur Feststellung von Harnsteinen
- Gehen die Harnsteine von selbst ab?
- Notfall: Schwere Kolik
- Behandlungsmöglichkeiten
- Gibt es eine wirksame Vorbeugung?
Das sollten Sie wissen
In den letzten Jahren hat die Häufigkeit der Harnsteinerkrankung in den westlich geprägten Industrienationen deutlich zugenommen. Auch immer mehr Deutsche leiden an Harnsteinen: Die Zahl der Neuerkrankungen hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre verdreifacht. Heute ist fast jeder 20. Bundesbürger einmal oder mehrfach im Leben betroffen. Etwa 1,2 Millionen Patienten müssen jährlich wegen dieser Erkrankung behandelt werden.
Harnsteine können im gesamten Harntrakt vorkommen. So spricht man u.a. von Nierensteinen, Harnleitersteinen und Blasensteinen. Während Blasensteine meist bei Blasenentleerungsstörungen entstehen, welche in der Regel gut behoben werden können, treten Nieren- und Harnleitersteine aufgrund von nicht optimalen Ernährungsgewohnheiten oder durch Stoffwechselstörungen auf.
Eine Ursache der ansteigenden Häufigkeit der Harnsteinerkrankung in den sogenannten westlichen Industrieländern wird in der zunehmenden Übergewichtigkeit der Bevölkerung gesehen, die gleichzeitig auch zu einer Zunahme der Blutzuckerkrankheit, des Bluthochdrucks und zu Fettstoffwechselstörungen führt (metabolisches Syndrom).
Nierensteine selbst führen zunächst zu keinen typischen Beschwerden, selbst große Steine (Ausgusssteine) werden von den Patienten meist selbst nicht bemerkt. Fällt dagegen ein Stein oder ein Fragment aus der Niere in den Harnleiter, führt dieser in der Regel zu einer Harnabflußstörung und zu einem Harnstau. Diese ist sehr schmerzhaft und führt zu den typischen Nierenkoliken.
Beim Urologen wird dann nach der Schmerzbehandlung mittels Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen die Größe und Lokalisation des Steins festgestellt. Abhängig von der Größe und der Lokalisation des Steines ist dann, ob ein Stein von selbst abgehen kann oder ob eine Behandlung erforderlich ist.
Was genau sind Harnsteine?
Harnsteine sind Ablagerungen, die sich in der Niere aus Kristallen bilden. Am häufigsten sind Ablagerungen aus Kalziumoxalaten. Sie machen etwa 70 bis 75 % aller Harnsteine aus. Weitere, häufige Bestandteile sind Harnsäure, Kalziumphosphat, Magnesium-Ammonium-Phosphat oder Zystin.
Wie entstehen Harnsteine?
Die Bildung von Harnsteinen kann verschiedene Ursachen haben, z.B.:
- Falsche Ernährung, Übergewicht
- Zu geringe Trinkmenge (besonders im Sommer, oder bei anstrengender körperlicher Tätigkeit)
- Harnwegsentzündungen
- Stoffwechselstörungen (z. B. Überfunktion der Nebenschilddrüse)
- Abflussbehinderungen der ableitenden Harnwege (z. B. eine Verengung des Nierenbeckens)
- Angeborene Erkrankungen (z. B. Zystinurie)
Wie äußert sich das Harnsteinleiden?
- Nierensteine zeigen oft keine oder nur unspezifische Symptome, wie z.B. leichtes Ziehen in der Flanke
- Im Falle eines stauenden Harnleitersteines kommt es meist zu Koliken: Plötzlich einsetzende, heftigste Schmerzen, die typischer Weise intervallartig einsetzen und wieder komplett verschwinden können.
- Je nach Lokalisation des Steines im Harnleiter treten die Schmerzen in der Flanke, in der Leiste, im Unterbauch oder im Bereich des Hodens/der Schamlippen auf.
- Häufig tritt gleichzeitig ein deutlicher Harndrang auf
- Der Urin kann sich rot färben durch Blutbeimengungen.
- Wenn gleichzeitig eine Harnwegsentzündung vorliegt, kann es zu Brennen beim Wasserlassen, ggf. aber auch zu Fieber kommen.
Untersuchung zur Feststellung von Harnsteinen
Zunächst erfragt der Urologe die Krankheitsvorgeschichte (Anamnese). Diese Befragung schließt auch die Familienkrankheitsvorgeschichte mit ein. Häufig finden sich bei dem Betroffenen selbst oder bei seinen Verwandten früher durchgemachte Harnsteinerkrankungen. Ernährungsgewohnheiten und Lebensumstände können bereits Hinweise auf das Vorliegen eines möglichen Harnsteinleidens geben.
An die Befragung schließt sich die körperliche Untersuchung an. Hier kann ein Druckschmerz in der Flanke Hinweis für einen Harnstau sein. Im Urin lässt sich oftmals Blut nachweisen und auch die Anzahl der weißen Blutkörperchen ist vermehrt (Leukozyturie). In einer Blutuntersuchung werden u.a. Harnsäure-, Kalzium-, Kreatininwerte bestimmt.
Eine wichtige Untersuchungsmethode stellt die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) dar. Die Ultraschalluntersuchung ist eine völlig schmerzfreie und ungefährliche Untersuchung. Schallwellen dringen von außen in den Körper, werden reflektiert und erzeugen so ein Bild, das der Urologe auf einem Bildschirm auswerten kann.
Bei der Ausscheidungsurographie erhält der Patient über die Vene ein Kontrastmittel verabreicht. Unter Röntgenkontrolle kann der Urologe die Ausscheidung über die ableitenden Harnwege genau verfolgen und z. B. die Lage und die Art der Steine genau bestimmen. Auch das Ausmaß einer vorliegenden Harnstauung wird mit diesem Verfahren sichtbar gemacht. Eine Alternative zu dieser Untersuchung kann eine Computertomographie (Schichtröntgenuntersuchung) darstellen.
Gehen die Harnsteine von selbst ab?
Bis zu 80 % der Harnsteine verlassen den Körper auf natürliche Weise über die ableitenden Harnwege. Die Austreibung kann durch krampf- und schmerzlösende Medikamente beschleunigt werden. Kommt es trotz dieser Maßnahmen nicht zu einem Spontanabgang, wird der Urologe eine weiterführende Behandlung einleiten, um mögliche Schwierigkeiten zu verhindern.
Notfall: Schwere Kolik
Eine akute Kolik erfordert immer eine sofortige ärztliche Behandlung. Der Urologe wird Schmerzmittel zur Linderung der Kolikbeschwerden, krampflösende und entzündungshemmende Medikamente verabreichen. Er wird eine weiterführende Untersuchungen einleiten, deren Ergebnisse ihm die nachfolgenden Behandlungsschritte aufzeigen.
Behandlungsmöglichkeiten
Es gibt vielfältige Behandlungsmöglichkeiten beim Harnsteinleiden. Immer jedoch sind die Zusammensetzung der Steine, ihre Größe und Beschaffenheit sowie ihre Lage ausschlaggebend für die nachfolgende bestmögliche Behandlung. Der Urologe wird die Untersuchungsergebnisse und die entsprechenden Vorgehensweisen mit dem Patienten besprechen.
Folgende Behandlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung:
- Durch medikamentöse Unterstützung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr können Harnsteine häufig spontan ausgeschieden werden. Körperliche Bewegung scheint dies zu unterstützen.
- Chemolitholyse: Auflösen der Harnsteine durch Medikamente. Die Litholyse kann meist nur bei Harnsäuresteinen durchgeführt werden.
- ESWL (Extrakorporale Stoßwellen-Lithotripsie): Die Harnsteine werden von außen durch fokussierte Energiewellen zertrümmert.
- PNL (Perkutane Nephrolitholapaxie): Von der Körperaußenseite wird mit Hilfe einer Punktionsnadel ein dünner Kanal bis zur Niere angelegt. Anschließend wird ein optisches Instrument eingeführt. Der Urologe kann sodann die Harnsteine in der Niere zertrümmern und entfernen.
PNL (Perkutane Nephrolitholapaxie).
- Ureterorenoskopie (URS): Das Endoskop wird durch die Harnröhre in den Harnleiter und weiter in das Nierenbecken eingeführt. Bei diesem Eingriff können große Steine aus dem Harnleiter oder dem Nierenbecken entfernt werden. Größere Steine können z. B. mit einem Laser zuvor zerkleinert werden.
- Offene Operation: Sehr seltener Eingriff, heute durch die minimal-invasiven Verfahren fast vollständig verdrängt wurde.
Offene Operation.
Gibt es eine wirksame Vorbeugung?
Bei rund 50 % der Harnstein-Patienten kommt es ohne geeignete Nachsorge zu mindestens einem, bei bis zu 25% der Patienten sogar zu 3 oder mehr Steinrezidiven (erneute Harnsteinbildung). Durch Trink- und Ernährungsmodifikation kann das Risiko einer erneuten Steinbildung signifikant gesenkt werden.
Die wichtigste diagnostische Maßnahme nach der Steinentfernung ist eine qualitativ sehr genaue Harnsteinanalyse. Darauf kann dann eine weitere Diagnostik und ggf. Therapieberatung aufbauen.
Bei rund 50 % der Harnstein-Patienten kommt es ohne geeignete Nachsorge zu mindestens einem, bei bis zu 25% der Patienten sogar zu 3 oder mehr Steinrezidiven (erneute Harnsteinbildung). Durch Trink- und Ernährungsmodifikation kann das Risiko einer erneuten Steinbildung signifikant gesenkt werden.
Die wichtigste diagnostische Maßnahme nach der Steinentfernung ist eine qualitativ sehr genaue Harnsteinanalyse. Darauf kann dann eine weitere Diagnostik und ggf. Therapieberatung aufbauen.
Bei allen Steinzusammensetzungen werden zur Prävention eine ausgewogene Ernährung, Abbau von Übergewicht, körperliche Bewegung und regelmäßiges, ausreichendes Trinken empfohlen. Weitere Empfehlungen gibt Ihnen Ihr Urologe basierend auf Untersuchungen wie einer 24-Stunden-Sammelurin-Messung.
Die häufigsten Steinzusammensetzungen sind:
Kalziumoxalat-Steine
70-75 % aller Harnsteine bestehen aus Kalziumoxalat. Die Entstehung von Kalziumoxalat-Steinen ist von einer großen Zahl von Faktoren abhängig, deshalb spricht man von einer multifaktoriellen Pathogenese.
Die diagnostische Abklärung der Ursachen der Kalziumoxalat-Steinbildung erfordert aufgrund des multifaktoriellen Geschehens ein sehr komplexes Vorgehen. Die Diagnostik basiert im Wesentlichen auf einer zweimaligen 24-Stunden-Sammelurinuntersuchung.
Neben der Ernährungsumstellung mit ausreichender Urinverdünnung ist häufig eine medikamentöse Behandlung erforderlich.
Harnsäure-Steine
Harnsäuresteine werden in Deutschland immer häufiger. Die aktuellen Daten zeigen bis zu 10 % Harnsäure-Steine. Harnsäure ist ein Endprodukt des Purinstoffwechsels und wird größtenteils über die Nieren ausgeschieden. Purin- und proteinreiche Ernährung fördert die Harnsäurebildung und trägt zur Säuerung des Harns bei. Die Mehrzahl der Harnsäuresteinerkrankungen ist daher ernährungsbedingt.
Die Prävention baut daher auf eine Ernährungsumstellung (Reduktion von rotem Fleisch) und Abbau von Übergewicht. Da sich Harnsäuresteine besonders gut in saurem Urin bilden, kann durch eine Alkalisierung des Urins (Anhebung des pH-Wertes) das Rezidivrisiko gesenkt werden.
Infekt-Steine
Infektsteine (Magnesium-Ammoniumphosphat, Calciumphosphat) bildeten früher eine häufige Steinzusammensetzung, vor allem bei großen, sogenannten Ausgusssteinen. Durch Frühdiagnostik von Harnwegsinfekten und Antibiotikatherapie werden diese Steine heute immer seltener. Bevorzugt treten sie bei Frauen auf, die Prävention basiert auf einer kompletten Steinentfernung und anschließender Infektprophylaxe.
Unser Patientenratgeber: „Was tun gegen Harnsteine?“
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